Am 29. September 2017 ist FIFA 18 offiziell erschienen. Das neue Flaggschiff von EA Sports bietet viele Neuerungen, Altbewährtes und auch einige Probleme. Aber der Reihe nach in unserem Review.
Grundsätzlich haben einige sinnvolle Verbesserungen den Weg in das Spiel gefunden. Dazu zählt vor allem die neue Regelung zum Pausieren von Online-Matches. Pausen werden nun angekündigt und nicht mehr direkt ausgeführt. Beim Beenden der Unterbrechung zählt ein Countdown drei Sekunden runter, damit der Gegner nicht von einem abrupten Wiederbeginn überrascht werden kann. Einige Spieler hatten in den letzten Ablegern in gefährlichen Szenen absichtlich mit der Pause gearbeitet, um die Situation zu kontrollieren.
Optik
Optisch macht FIFA 18 viel her und sieht in Bezug auf die Gesichter und die Bekleidung durchaus besser aus als der Vorgänger. Das Gameplay hat sich allerdings stark gewandelt – dazu mehr in den einzelnen Abschnitten. An der Menüführung hat sich auch in diesem Jahr nichts geändert, abgesehen von der Farbe.
Gameplay
Was unterscheidet FIFA 18 nun von FIFA 17? Gefühlt alles. Das gesamte Spielgefüge wurde auf den Kopf gestellt. Die Partien sind spürbar langsamer, präzise Pässe erfordern mehr Feingefühl. Zwei große Probleme machten sich aber schon im ersten Spiel bemerkbar. Die Verteidigung ist nun viel nachtragender als in den Vorjahren. Zum Teil gehen die nicht gesteuerten Defensivspieler bereitwillig zur Seite, wenn der Gegner angestürmt kommt, das Timing bei der Balleroberung muss noch exakter sein.
Der neue Ausfallschritt, der sich wie ein Schuss aufladen lässt, bietet einerseits die Möglichkeit mehr Zweikämpfe zu gewinnen, aber auch die große Chance, einfach ins Leere zu treten. In den ersten Online-Matches sah ich also ganz schön alt aus, weil die Taktik aus FIFA 17 nicht mehr so recht funktionieren wollte. Der zweite Mann, der Druck ausüben kann ist für sich allein genommen ein reiner Statist und hat nur im Verbund wirklich eine Wirkung. Hier werden erstmals seit mehreren Jahren viele FIFA-Spieler wieder in die Schule geschickt.
Was sich jedoch nicht mit Übung und Geduld lösen lässt, ist das Torhüterspiel. Die Schlussmänner sollten laut Ankündigung entkräftet werden, weil sie in FIFA 17 zuviel halten konnten. Anhand dessen muss man davon ausgehen, dass hier am entsprechenden Regler abgerutscht wurde. Zum Teil parieren die Keeper die spektakulärsten Schüsse, fallen bei simplen Bällen aber einfach um wie ein nasser Sack. Eins-gegen-eins Situationen werden oft schon im Anlaufwinkel des Stürmers entschieden.
Lauf Forest, Lauf!
Ein weiterer Knackpunkt sind Flanken und Ecken, die aufgrund der schlecht ausbalancierten Torhüter zu einer Dauergefahr geworden sind. Oftmals – wie im Vorgänger – lassen sich Kopfbälle nicht verhindern. Wenn dann der Schlussmann gar nicht reagiert oder wie vom Blitz getroffen auf den Hintern fällt ist das Gegentor bereits in Stein gemeißelt. Abgefälschte Schüsse, die in gefühlter Zeitlupe über die Linie trudeln nahm der Torwart des Öfteren stehend zur Kenntnis. Das galt im Test auch für die breite Palette der Weltklasse-Keeper wie Manuel Neuer oder Iker Casillas.
In der Offensive ist ein schnelles sowie präzises Passspiel ein möglicher Weg zum Sieg. Aber auch schnelle Flügelspieler können einen entscheidenden Beitrag leisten. Diese sind auch aufgrund der neuen Defensivsteuerung kaum einzuholen und mit den starken Flanken eine absolute Waffe. Da kommen Gedanken an FIFA 13 und Alexander Esswein hoch. Mit dem Unterschied, dass sich alles eine Spur träger anfühlt.
Hinzu kommen die angeschnittenen Schüsse, die anders als in FIFA 17 viel mehr Gespür erfordern. Zu wenig Kraft bedeutet ein Geschenk für den Torhüter, minimales Überladen lässt den Ball Freundschaft mit dem Stadiondach schließen. Auch hier ist also wieder ein Lernprozess von Nöten.
Ein eher grafisches Manko stellen die neuen Tornetze dar, die sich unrealistisch verformen und anstatt des klackernden Geräuschs bei einem harten Schuss den Ball einfach wieder ins Feld prallen lassen.
FIFA 18 Ultimate Team
Im vielleicht wichtigsten Spielmodus für den Publisher bleibt das bewährte System erhalten. Spiele, handle, kaufe bessere Spieler oder öffne Packs um das ultimative Team zu erschaffen. Durch zahlreiche Kartenvarianten, Spezialpacks und weitere Verlockungen bleibt der Modus eine wahre Goldgrube. Ein guter Spieler sollte aber auch mit den günstigeren Mannschaften gut mithalten können.
Neu sind die Tages-Challenges, die für einfache Aktionen kleine Belohnungen bieten. Dazu zählen “Mach ein Spiel” oder “Kaufe einen neuen Spieler”. Ein nettes Gimmick, das zum täglichen Wiederkommen motivieren soll. Jedoch sind die Rewards derart gering, dass ein regelmäßig aktiver Spieler gar nicht darauf angewiesen ist. Hier wären statt kleiner Münzbeträge vollwertige Goldpacks oder gute Spieler (ohne Leihe) attraktiver gewesen.
Ebenfalls dazugekommen ist der Squad Battle-Modus, der ähnlich wie die Weekend League zur täglichen Teilnahme einlädt. Auch hier geht es um eine Rangliste, die hochgeklettert werden kann. Allerdings gegen die CPU, nicht Online. Am Ende einer Woche gibt es Prämien gemessen am Rang. Somit ist dies der nun lukrativste Einzelspielermodus in FUT. Sowohl kompetitiv orientierte, als auch lieber für sich spielende Zocker können hier das eigene Konto und damit auch den Kader aufbessern. Eine gute Neuerung, die trotz des Offline-Charakters reichlich Abwechslung bietet.
Online Saisons
Auf den ersten Anlauf fühlte sich das Gameplay hier geordneter und weniger schnelllebig als im Ultimate Team Modus an. Was bleibt sind die desolaten Torhüter und torreiche Spiele. An ein Unentschieden war hier nicht zu denken, stattdessen gingen die Ergebnisse stets in Richtung des halben Dutzends. Abgesehen davon sind keine Besonderheiten erkennbar. Der Modus ist schlicht geblieben und bietet (leider) keine neuen Features.
The Journey
Anders als im Vorjahr bietet die Geschichte von Alex Hunter dieses Mal von Anfang an eine deutsche Sprachausgabe. Unschön ist, dass Stars wie Cristiano Ronaldo oder Rio Ferdinand dennoch englisch sprechen und Alex auf deutsch antwortet. ProSieben-Zuschauer fühlen sich hier eventuell an Galileo und die Reportagen von Harro Füllgrabe erinnert – Fragen auf Deutsch, Antworten in Landessprache.
Ohne zu spoilern kann gesagt werden, dass der Spieler viele alte Charaktere und auch einige neue Gesichter aus der Welt des Sports zu sehen bekommt. Die Story aus dem ersten Teil fließt nahtlos in den zweiten hinein. Beim Start hat man die Wahl, ob der alte Spielstand weitergeführt werden soll, oder ob man mit standardisierten, etwas schlechteren Werten bei einem Team seiner Wahl unterkommt. An der Geschichte ändert diese Entscheidung aber nichts.
Das Gameplay unterscheidet sich nicht vom Rest des Spiels, wenngleich Alex Hunter (Startwert 71 / 75) sehr abschlussstark wirkt. Neu ist, dass der Klamottenstil relativ frei angepasst werden kann. Auch andere Haarschnitte oder Tattoos sind möglich geworden, allerdings mit sehr begrenzter Auswahl.
Karrieremodus/Anstoß (Weltklasse)
Das zuvor beschriebene Gameplay setzt sich Offline nahtlos fort. Fragwürdige Torhüter und eine schwierigere Defensive. Was macht der Karrieremodus in diesem Jahr also anders?
Zunächst sind dank der Frostbite-Engine neue Videosequenzen hinzugekommen. Hier kann der Spieler im Angesicht von Jürgen Klopp und Co Verhandlungen führen. Außerdem ist der eigene Manager-Charakter sehr viel häufiger auch in den implementierten Nachrichten zu sehen.
Nach einigen Verhandlungen verlieren die Cutscenes etwas an Zauber, werden dank der kurzen Ladezeiten aber nicht nervig. Was dagegen durchaus aufstößt ist die Art und Weise der jeweiligen Gegenseite. Eigentlich hat man kaum einen Spielraum, was die Vertragslaufzeit angeht. Mehr als ein Jahr zusätzlich ließ sich keinem Spieler abtrotzen. Greift man mit der Gehaltsvorstellung oder der Ablösesumme zu weit daneben verlassen die Parteien wutentbrannt das Büro. Keine Sorge, nach einer Woche des Durchatmens kann das Angebot neu ausgehandelt werden.
Bockige Profis
Hier passen die Vehemenz der Reaktionen und die dann doch neuerliche zweite Chance nicht zusammen. Stattdessen sollte die Gegenseite auch bei verqueren Angeboten zunächst einmal einen Gegenvorschlag unterbreiten und die Verhandlungszeit durch den aufgezwungenen Cooldown nicht künstlich in die Länge ziehen. Manche Verhandlungspartner sind hier auch unnachgiebig und gehen sogar mit der Summe nach oben, wenn das Angebot unter die Forderung fällt.
Das andere Extrem verkauft Spieler deutlich unter Marktwert, die sogar ein ordentliches Standing im aktuellen Verein genießen. Ein großes Problem stellt ein Bug dar, der es ermöglicht ausgeliehene Spieler bei einem Spielertausch weiterzugeben. Für den Zocker, der das ausnutzen möchte, bedeutet das ein nie endender Reigen an guten Spielern – für lau. Der weitergereichte Akteur kehrt nämlich nach absolvierter Leihe wieder zu seinem ursprünglichen Heimatverein zurück, ohne Konsequenzen für den Hütchenspieler hinter der Konsole.
Schade ist des Weiteren, dass die Overlays für die erste und zweite Bundesliga nicht im Spiel zu finden sind, diese sollen aber zeitnah nachgepatched werden. Ein weiteres Mal vermisse ich bei vielen Mannschaften, vor allem in der deutschen zweiten Liga, das dritte Trikot. Das wurde eigentlich auch noch nie nachgereicht, also wer sich auf das eine schöne Jersey von seinem Herzensklub gefreut hatte, wird auch längerfristig darauf verzichten müssen.
Sonstige Fehler
In mehreren Partien war es der Fall, dass der Radar am unteren Bildrand eine seltsame Farbzuweisung vorgenommen hat. Rot/Schwarz bedeutete weiße Punkte, während die weiß gekleideten Gegner mit schwarzen Markierungen versehen wurden. Hochgradig verwirrend und eine echte Gefahr für das kompetitive Spiel.
Fazit zu FIFA 18
FIFA 18 macht alles neu und stellenweise auch mit bedenklichem Rückschritt. Die neuen Features in der Karriere und im Ultimate Team Modus sind nett und machen das Spiel etwas erlebenswerter. Die deutlich erschwerte, bzw. veränderte Verteidigung freut die einen, ärgert die anderen – ist und bleibt aber wohl ein Lernprozess und kann nach den ersten Spielstunden nicht als grundsätzlich negativ betrachtet werden. Die Torhüter hingegen erfordern dringend Nachbesserung. Dass ein Manuel Neuer bei einem harmlosen Schuss auf das kurze Eck mit einer halben Rückwärtsrolle das Gegentor zulässt darf in einem Spiel, das im E-Sport eine große Rolle spielt einfach nicht passieren.
The Journey macht genauso viel Spaß wie im Vorgänger und ist auch dank der Anpassungsmöglichkeiten etwas individueller für Jedermann geworden. Dass das Bundesliga-Overlay noch fehlt ist ein Luxusproblem, vor allem, da EA den dazugehörigen Patch schon angekündigt hat. Wie in jedem Jahr halten wir nun also ein Spiel in den Händen das wie kein anderes die Gratwanderung zwischen grenzenloser Freude und tiefsitzendem Frust verkörpert. Bei aller Hassliebe sollte an den entsprechenden Stellen aber dennoch nachgebessert werden.
>>Warum einige PC-Spieler nicht in die neue FIFA-Saison starten konnten<<