Fast genau zwei Jahre nach dem gefühlten Reboot der früheren Erfolgsserie Need for Speed veröffentlichte Ghost Games im Auftrag von EA einen weiteren Ableger in modernem Gewand. Need for Speed Payback soll die Schwächen des Vorgängers ausgleichen und wieder etwas Glanz zurückbringen.
Need for Speed steht seit jeher für reinstes Arcade-Vergnügen. Rennsimulationen machen andere, hier steht der Spaß mit am besten persönlich aufgemotzten Autos im Vordergrund. Das mit dem Tuning geht aber vor allem auf die Underground-Reihe zurück, denn die ersten NfS-Spiele kamen noch gänzlich ohne Basteleien aus. Die große Fangemeinde pocht schon seit geraumer Zeit auf Underground 3 (..das Problem mit den dritten Teilen ist ja nichts neues..) und hofft so Jahr für Jahr auf ein Spiel, das nicht unbedingt den Namen tragen muss, sich aber so anfühlen soll.
Um ehrlich zu sein war Need for Speed (2015) schon verdammt nah dran. Das Gameplay, die grafische Umsetzung, kein Tageslicht und endlich wieder ein Optiktuning mit etwas mehr Tiefe. Allerdings machten Einschnitte bei der Teile-Auswahl und ein sehr kleiner Fuhrpark den ganz großen Hype schnell zunichte. Die Garagen waren zu limitiert, es gab keine Unterbodenbeleuchtung und von der schauspielerischen Leistung der real gefilmten Zwischensequenzen will ich gar nicht reden.
All das möchte Need for Speed Payback nun besser machen und tut das auch. Tatsächlich wirkt der neue Ableger reifer und von Beginn an viel umfangreicher.
Story
Die Geschichte ist schnell erzählt und doch etwas komplizierter als sonst. Statt dem gesichtslosen Alter Ego eurer Selbst steuert ihr gleich drei Hauptcharaktere durch Fortune Valley:
- Tyler “Ty” Morgan, den Star des Spiels, der nicht nur in seiner Art stark an Brian O’Connor (Paul Walker) erinnert, sondern zu allem Überfluss auch mit einem Nissan Skyline seine Reise beginnt. Seines Zeichens bester Racer der Stadt begibt er sich auf einen persönlichen Rachefeldzug
- Sean “Mac” McAlister, ein Experte für Driftrennen und Offroad-Action, der den Klassenclown der Gruppe mimt. Optisch erinnert der Charakter an eine Mischung aus Alex Hunter (EA Sports FIFA) und Paul Pogba (Manchester United).
- Jessica “Jess” Miller, die Powerfrau des Ensembles. In ihrem schwarzen Audi S5 (im Intro hat sie noch einen blauen BMW M5) fährt sie vor allem Kurieraufträge für gut zahlende Kunden. Personen, Items aller Art – Jess stellt keine Fragen. Wo habe ich das mit dem schwarzen Audi und diesen Transporter-Fahrten nur schon mal gesehen…
Hinzu kommen noch eine handvoll Sidekicks und Antagonisten, wobei der große Endboss des Spiels nach gut zehn Stunden Spielzeit nicht vor meine Haube getreten war, also lasse ich diesen auch außen vor:
- Ravindra “Rav” Chaudhry, der Mechaniker und eigentliche Leader. Altersweisheit und Racing Erfahrung bilden hier den Charakter. Tritt früh in der Geschichte in Erscheinung, verlässt aufgrund eines Ereignisses im Intro aber eigentlich nie mehr seine Garage.
- Marcus “Der Gambler” Weir, unser Chef zu Beginn, den wir um seinen sündhaft teuren Königsegg erleichtern. Wird später vermeintlich unser Freund, um gegen das “House” vorzugehen. Könnte der geheime Endboss sein, würde ins NfS-Schema passen.
- Lina Navarro, arbeitet erst mit uns, fällt der Gruppe dann aber in den Rücken, um für das “House” – kurz: die Bösen – zu arbeiten. Erstaunlicherweise kommt sie aus der Reihe der Hauptpersonen ohne Spitzname aus, “Nav” oder “Li-Na” hätten aber auch keinen Sinn gemacht.
Schnelle Autos & Rachegelüste
Need for Speed Payback startet also mit einem Heist auf den Königsegg von Marcus “Der Gambler” Weir, an dessen Ende unsere Truppe sich zerstreut. Fortan arbeitet Tyler “Ty” Morgan für den Gambler, um seine Schuld an dem verlorenen gegangenen Auto wiedergutzumachen und seine Rache am “House” und Lina Navarro vorzubereiten. Rennen darf er keine fahren, sonst würde ihn Marcus Weir in den Knast stecken lassen. Also was tun? Richtig, Rennen fahren. Natürlich ist alles halb so wild und unser “Gönner” erkennt auf einmal wieder unser Potenzial.
Wir trommeln unsere Freunde Sean “Mac” McAlister und Jessica “Jess” Miller zusammen, besorgen uns die obligatorischen Startautos – in meinem Fall einen Honda 2000 für Ty und einen Subaru Impreza für Mac, Jess hat ihren eleganten schwarzen Audi bereits – und legen los. Zwischen uns und dem Endboss liegen wieder einmal zahlreiche Rennen, die in Need for Speed Payback in Ligen aufgeteilt sind.
Drag, Drift, Runner (Transporter), Racer, Offroad – die Bandbreite ist groß und sorgt auch gut für Abwechslung. Stets müssen mehrere Events absolviert werden, ehe wir gegen den jeweiligen Leader randürfen. Ein gewisses Most Wanted (2005) Feeling kommt da schon auf. Achja, Lina jagt Tylers Haus in die Luft – exakt so getimed, dass er zwar die Druckwelle abbekommt, aber keinen Kratzer davonträgt. Damit wäre die aus den Trailern bekannte Fast & Furious Theatralik dann auch endgültig auf der Konsole angekommen.
Im Verlauf der Geschichte gibt es noch einen weiteren Raubzug mit Blick auf den Königsegg, hier dürfen wir zunächst den Mustang aus dem Trailer fahren, dann den Königsegg selbst. Das Auto ist derart schnell, dass ich es nach der kurzen Eingewöhnungszeit mit Need for Speed Payback direkt in ein halbes dutzend Pfeiler, Bäume und Leitplanken gesetzt habe. Dank rein optischem Schadensmodell wurde mir das aber nicht zum Verhängnis.
(K)ein Schwein ruft mich an…
Zwar wurde in diesem Teil auf die extrem peinlich berührenden Schauspielsequenzen aus dem Vorgänger verzichtet, doch die animierten Charaktere strotzen trotzdem nicht gerade vor souveräner Ausstrahlung. Alle drei reden während der Fahrt mit sich selbst oder – vermeintlich – mit den Kontrahenten eines Rennens. Die Sprüche reichen dabei von “Das lasse ich dir nicht durchgehen” bis hin zu “Tunnel, das ist Mac. Mac, Tunnel.”
Des Weiteren sind die Telefonanrufe wieder da und wiederholen sich leider auch bisweilen mit sinnfreien Inhalten. Allerdings ist die Frequenz deutlich geringer als im Vorgänger. Dafür gibt es jetzt einen Radiosender, der immer aus dem Nichts heraus anspringt und von “Der Hüterin” moderiert wird, die offenbar absolut alles über die Streetracing Szene weiß und auch Tyler Morgan früh namentlich erwähnt. Die mysteriöse Dame dürfte auch noch ihren Auftritt bekommen.
Das Gameplay in Need for Speed Payback
Im Vorfeld befürchteten viele, dass der neue Teil des Arcaderacers eine reine Fast & Furious Adaption wird, dass es dauernd nur darum ginge Autos zu klauen und zu entkommen. Das ist definitiv nicht der Fall. Die Szenen aus dem Trailer kommen sehr früh im Spiel und dienen eher als Einleitung, die mit der gesamten Geschichte zusammen für ein Need for Speed wirklich gut funktioniert.
Die Kraftfahrzeuge sind vorab in feste Klassen eingeteilt worden und können auch nur in den dafür vorgesehenen Events benutzt werden. Die freie Fahrt ist aber mit allen Wägen möglich. Jedes Vehikel fährt sich spürbar anders und bringt einen ordentlichen, realistischen Sound mit. Das Offroad-Gefühl ist im Wüstensand auf alle Fälle gegeben und macht in gerade in den dazugehörigen Rennen viel Spaß, da über jeden Hügel gefahren werden kann, um abzukürzen.
Kurz: Alles tut das, was es soll. Die Beschleunigung, das Handling und auch der Sound wirken stimmig und bringen die gewohnte NfS-Qualität mit, die auch schon der Vorgänger transportieren konnte. Einzig die Drifts fühlen sich noch intuitiver an und können mit viel Feingefühl sehr lange durchgezogen werden – auch in einem schlecht ausgestatteten Auto.
Ein Hauch Most Wanted
Die Polizei ist sehr fordernd und aggressiv unterwegs, wobei auch die Schergen des “House” motorisierte Gegner darstellen. Diese können aus dem Spiel gerammt werden, abhängen funktioniert eher weniger. Jedoch sind alle Ordnungshüter bei der freien Fahrt gerade wohl in der Kaffeepause, denn bislang hatte ich nur in Runner- oder Storymissionen mit Blaulicht zu tun. Der Funk kommt indes aus dem Controller und ist derart laut, dass ich bei der ersten Verfolgung prompt Bekanntschaft mit einem Baum gemacht habe – vor Schreck.
Soundtrack
Die Musikauswahl ist insgesamt sehr stimmig, bringt aber keine echten Need for Speed Klassiker mit. Für Rennatmosphäre reicht es allemal. Steht das Auto setzt die Musik aus und wird beim Anfahren zunehmend lauter – eine nette Idee, die auch gut funktioniert.
Features & Quests
In Need for Speed (2015) war zu wenig Platz. Erst mit späten Patches wurde es den Spielern ermöglicht mehr Autos zu lagern und parallel aufzurüsten. Nun ist nicht nur die erste Garage größer, es können noch weitere dazugekauft werden. Diese schalten mehr Slots frei und dienen zeitgleich als kostenlose Schnellreiseziele. Tankstellen und Tuning-Shops können auch als Teleporter genutzt werden, kosten aber 200 $, beziehungsweise 500 $ pro Nutzung.
Aus Alt mach Neu
Die große Karte braucht diese Schnellreisepunkte auch, denn gerade für die neuen Wrack-Quests muss das halbe Land durchquert werden. Wracks? In Need for Speed Payback können nach und nach alte Chassis großer Klassiker gefunden werden. Sind diese geborgen geht es auf die Suche nach jeweils vier weiteren Bauteilen, die zum Wiederaufbau wichtig sind. Einziges Manko – diese sind auf der kompletten Karte verstreut. Bildliche Hinweise mit Foto und Kartenzeichnung helfen beim Finden. Das System erinnert etwas an The Legend of Zelda: Breath of the Wild in Bezug auf die Erinnerungen.
Kein Problem, ein paar Teile einsammeln kann doch jeder! Oder? Unerklärlicherweise sind die Motoren, Seitenschweller und Konsorten immer an schwer zu befahrenden Orten, die meist nur per Sprung erreicht werden können. Das heißt, mit dem Auto Kreise ziehen und nach einer Rampe Ausschau halten. Zum Teil sind diese Sprünge so waghalsig, dass keine Federung diese überleben würde – und der Fahrer vermutlich auch nicht, denn Airbags gab es in Need for Speed ja auch noch nie. Seis drum. Die Suche gestaltet sich oft schwierig und nagt an der Spielfreude.
Wenigstens sind die Klassiker eine gute Möglichkeit ohne Kosten an neue Autos für alle Klassen zu kommen. Beim Aufbau habt ihr nämlich stets die Wahl, für welche Art Rennen der jeweilige Wagen aufgerüstet werden soll. Schönes Detail: die rostige Optik einzelner Bauteile verschwindet erst, wenn diese durch neuwertige Parts ausgetauscht werden. Ein Hauch von Realismus liegt in der Luft.
Folientuning
Das optische Gestalten der Fahrzeuge ist genauso einfach und fummlig wie im Vorgänger. Folien können Schicht für Schicht gedreht, gefärbt und skaliert werden, um grandiose Kunstwerke oder Geschmacksverirrungen aller Art zu produzieren. Dieses mal kommt das “Spiegeln zur anderen Seite”-Feature aber direkt am ersten Tag mit. Das erspart reichlich Zeit und Aufregung bei Perfektionisten.
Mikrotransaktionen..
Für die Freunde des Untergrunds sind Neonröhren nun von Beginn an für alle Fahrzeuge verfügbar, müssen aber erst freigespielt werden. Meine erste und bisher einzige Beleuchtung bekam ich durch eine “Lieferung” – der offiziellen Lootbox von Need for Speed Payback. Diese erhaltet ihr für den Abschluss von Tagesaufgaben oder durch ein Level-Up. Fair, immerhin enthalten diese Kisten auch Geld und weitere Goodies. Allerdings gibt es auch eine Premium-Variante davon. Diese muss durch Echtgeld finanziert werden. Hallo Mikrotransaktion! Grundsätzlich verstehe ich nicht wozu es in Need for Speed gut sein soll, sich mit Lootboxen auszustatten.
The Crew lässt grüßen
Das Tuning der Fahrzeuge erfolgt nun übrigens nicht mehr durch das stupide Kaufen des gerade jeweils besten Bauteils, sondern durch sogenannte Speedkarten. Das Design der Cards und die neu eingeführte Gesamtwertung der Autos erinnern sehr stark an The Crew aus dem Hause Ubisoft. Leider sind die Speedkarten sehr teuer, werden jedoch auch nach jedem Rennen per Zufallsprinzip ausgewählt (“wähle aus drei”).
Mit Tokens, die durch das Eintauschen von vollwertigen Speedkarten oder direkt aus Lootboxen bekommen werden können, kann der Spieler gezielt nach bestimmten Teilen suchen. Ein einarmiger Bandit mit drei Slots bietet die Auswahl aus Bauteil, Hersteller und Boni. Der angewählte Bereich wird abgeriegelt, sodass sich nur die beiden verbleibenden drehen. Wenn also ein neuer Turbo gebraucht wird, kann um diesen in einer risikoärmeren Glücksspielvariante gespielt werden.
Spielothek by Ghost Games
Ein Wermutstropfen, der früh das große Problem vieler Spieler ausmacht ist, dass die Speedkarten nur für das gerade verwendete Auto funktionieren. Ihr habt keinen Pool an Karten in der Garage, den ihr in jedes neue Gefährt einsetzen könnt, sondern müsst immer wieder aufs neue einkaufen oder Rennen fahren und Glücksspiel betreiben. Kern der Schwierigkeit ist das Geld. Die ohnehin teuren Speedkarten müssen dutzendfach gekauft werden und haben einen sehr geringen Wiederverkaufswert. Also müssen viele Rennen doppelt und dreifach gefahren werden, um weitere Karten und Geld zu farmen.
Vor Rennen bekommt der Spieler zusätzlich die Möglichkeit Wetten abzuschließen. Diese enthalten stets die Siegbedingung und eine Quest, wie zum Beispiel “drifte 200 Meter am Stück”. Für den schmalen Einsatz von 700 $ kann eine Rendite von 2800 $ bis ??? $ herausspringen – je nach Quote. Das Las Vegas Setting haben die Entwickler auf alle Fälle ernst genommen.
Raids, wir brauchen Raids!
Zwar war grinden immer ein Teil der Need for Speed Spiele, doch das Ausmaß in Need for Speed ist doch recht hoch. Die auf der ganzen Karten verstreuten Straßenevents, wie Blitzer oder Sprungchallenges bringen indes zwar zusätzliche Rep-Punkte, aber die Punkteschwelle pro Level ist so hoch, dass damit zumindest zu Beginn nicht wirklich gefarmt werden kann. Selbst die Story kann mit den im Verlauf gewonnenen Aufrüstungen nur schwer bestritten werden.
Übrigens müssen Tuningbereiche eurer Fahrzeuge erst über kleine Aufgaben freigeschaltet werden. Dazu zählen “Springe dreimal über..” oder Zeitvorgaben für Drifts. Alles halb so wild, dafür stehen pro Bauteil gleich alle Optionen zur Verfügung, die auch nicht die Welt kosten.
Fortune Valley
Die Karte von Need for Speed Payback liegt in der Wüste. Die Gegend erinnert durch das Stadtgebiet und Umland stark an Las Vegas, auch weil die Thematik der Story immer wieder die ansässigen Casinos aufgreift. An sich sieht alles sehr stimmig aus, doch gerade die Wüste wirkt doch zu karg und leer. Es gibt nur wenige Points of Interest, hier müssen Lichteffekte für Atmosphäre sorgen. Der gut verfolgbare Tag/Nacht-Zyklus wirkt natürlich und zeichnet realistische Schatten.
Es gibt ein großes Straßennetz und reichlich Distanz zwischen wichtigen Fixpunkten. Das Verhältnis von Stadt zu Wüste ist aber unvorteilhaft. Hier hätte ein kleinerer Vorort oder eine zweite Stadt in Reichweite gut getan.
Jason Statham nach der OP
Jess fährt einen schwarzen Audi S5, ist für Transportaufträge aller Art zuständig und steht für kühle Souveränität im Job. Dass ihr Charakter und ihre Missionen also mehr als deutlich an die Transporter-Filme erinnern muss eigentlich nicht ausgesprochen werden. Zwei andere Spiele schlugen aber in eine ähnliche Kerbe. Auch The Crew und Watchdogs konnten mit Kurierfahrten dieser Art glänzen. In Ubisofts großem Rennspielversuch gab es übrigens auch Offroadrennen und Fahrzeugklassen und Fahrzeuggesamtwertungen und Aufrüstungskarten und Open-World-Checkpoint-Events und…
Grafik & Leistung
Need for Speed (2015) glänzte mit vom Regen schimmernden Straßen und atmosphärischer Nachtbeleuchtung. Leider verschandelte seinerzeit eine Filmkörnung das Bild. Diese hat es nicht in den neuen Teil geschafft, allerdings herrscht nun auch Trockenheit. Der Tag/Nacht-Zyklus wurde von vielen im letzten Ableger als Patch gewünscht, jetzt ist er von Anfang an dabei. Die schönen Wassereffekte auf den Straßen und dem Lack der Autos blieben aber bisher verwehrt.
Grundsätzlich sind solche Spielereien durchaus schwer zu programmieren – da ist die Entscheidung für eine Wüstenregion ja fast schon genial. Eine innovative Weltkarte mit Offroad-Elementen und keine aufwändige Wasseranimation. Ohne Ghost Games hier etwas zu unterstellen – der schimmernde Asphalt fehlt. Gerade in den Nächten kann es auch in der Wüste mal regnen. Und so ganz genau müsste es NfS mit dem Wetter ja nicht nehmen. Ich hoffe sehr auf einen Patch – oder einen vorhandenen Klimawandelprozess im Spiel.
Momentaufnahme
Ein altes Foto-Feature ist nämlich zurückgekehrt und erlaubt Screenshots auf Stick-Druck bei voller Fahrt. Natürlich wird hier die GUI ausgeblendet. Den Fotomodus aus dem Vorgänger habe ich jedoch vergeblich gesucht. Szenische Sonnenuntergänge mit frisch lackiertem Boliden, perfekt ausgerichtet an der Leitplanke? Das ist der Stoff, aus dem Wallpaper gemacht sind. Auch einen Patch wert.
Die grafische Leistung im Allgemeinen reißt keine Bäume aus. Die Optik und Auflösung steht Need for Speed (2015) in nichts nach, allerdings müssen einfachste Texturen oft nachgeladen werden, was im Augenwinkel dann doch etwas stört. Dazu zählen die Minimap, ganze Karosserien von Autos oder sogar Straßenlinien. Wer fährt nicht gern durch eckige Kurven?
Auch die NPCs aus den Transporter-Missionen sehen schlechter und liebloser aus als die Stadionbesucher in FIFA 18. Da diese ja ohnehin nur in Sequenzen und nicht während der Fahrt der Kamera näher kommen verstehe ich da die Gamecube-Auflösung nicht ganz.
Fazit
Need for Speed Payback legt viele Schwächen des zwei Jahre alten Vorgängers ab, bringt aber ein paar neue mit. Der Tag/Nacht-Zyklus funktioniert und passt zum Spiel – ein Hauch Most Wanted vs. Underground wird durchaus transportiert. Auch die Geschichte wirkt für einen NfS-Ableger stimmig und schafft etwas Verbundenheit mit den Charakteren, auch wenn die seltsamen Zwischenrufe während der Fahrt wieder etwas Ernsthaftigkeit herausnehmen.
Die Autos fahren sich so wie sie sollten, der Umfang ist gut. Die neuen Missionen und Quests bringen viel Abwechslung mit und erweitern das sonst erwartete eindimensionale Erlebnis. Vor allem die verrosteten Klassiker zurück auf die Straße zu bringen ist die Mühe wert und macht – abgesehen von der Rampensuche – Spaß. Viele Features wirken gerade in der Masse aber abgekupfert. Das Design und die Funktionsweise des Leistungstunings zusammen mit den Openworld-Challenges oder den neuen Transporteraufträgen schreit geradezu nach Ubisofts The Crew. Plagiieren ist hier aber keine Schandtat, denn Need for Speed Payback macht (abgesehen von der ohnehin viel besseren Fahrphysik) viele Dinge richtig, die beim Konkurrenten seinerzeit nicht funktioniert haben.
Der ordentliche Soundtrack vollendet ein tolles Arcaderacer-Erlebnis. Abstriche müssen bei der Finanzierung neuer Autos gemacht werden. Zwar war es spätestens seit Underground 2 nie ein Problem für eine frische Motorhaube das eine leichte Rennen in Downtown noch einmal zu fahren, doch in Need for Speed Payback müssen gleich mehrere Fahrzeugklassen und Charaktere bedient werden. Die Speedkarten sind verhältnismäßig teuer und basieren oft auch auf Glück.
Das liebe Geld
Warum ein Spiel wie Need for Speed Payback nun auch noch Mikrotransaktionen benötigt ist mir schleierhaft. Mit Echtgeld finanzierte Lootboxen für einen Arcaderacing-Titel sind ungeachtet ihres Preises schon etwas lächerlich. Ghost Games sagte kürzlich, dass diese Mikrotransaktionen der aktuelle Mittelweg wären, um das Preisniveau der Spiele an sich halten zu können, da die Entwicklung teurer ist als jemals zuvor.
Das mag stimmen, allerdings haben sich die Preise vor der Einführung solcher Systeme auch alle paar Jahre an den Markt angepasst. Ist das jetzt anders? Vollpreistitel großer Publisher sind in den vergangen fünf Jahren teilweise von 50-60 € auf 70 € pro Einheit gestiegen. Kleine Entwicklerstudios bringen nicht mehr selten cinematografische Meisterwerke ohne nennenswertes Budget auf den Markt und refinanzieren sich durch den gerechtfertigten Erfolg.
Ist der goldene Mittelweg, den die Entwickler also suchen vielleicht einfach, Spiele zu produzieren, die begeistern und durch die reine Verkaufsmenge rentabel werden?
Fazit des Fazits
Need for Speed Payback jedenfalls ist für Fans sein Geld durchaus wert. So nah an Underground und Most Wanted (2005) war in den letzten zwölf Jahren kein Ableger der Serie. Und das, obwohl das Spiel eigentlich ein Mashup aus Fast & Furious, The Crew und Transporter ist. Casuals und preisbewusste Multiplattform-Gamer können getrost eine Rabatt-Aktion im Elektronik-Markt ihres Vertrauens abwarten.