Throwback Thursday – Vampires Dawn

Jeder , der sich in die Welt der RPG-Maker-Szene stürzt, hat schon einmal von dem Genre-Klassiker Vampires Dawn gehört. Das 2001 veröffentlichte Adventure war wohl das erste Spiel, das ich jemals gezockt habe und bleibt eines meiner Lieblingstitel.

Old but gold

Befasst man sich über das Game hinaus etwas weiter mit der Materie, wird man feststellen, dass viele arme Seelen leider ganz anders denken. In etlichen Foren findet man Aussagen wie „Wofür RPGMakerspiele spielen, wenn es doch jetzt Spitzengames in HD gibt?“ und „Der Maker-Boom ist doch schon längst vorbei, wieso sollte man das nochmal ausgraben?“
Getreu dem Motto „Es ist tot Jim, nimm sein Zeug“ scheint man sich einig, einen alten Helden links liegen lassen zu können. Hinzu kommt der Vorwurf, das Spiel sei zu komplex, zu durchdacht und zerstöre so die Szene an sich, weil nicht an dieses Niveau  heranzukommen sei. Wait, what?
Lasst mich mal eben darlegen, wieso ich finde, dass man dieses Maker-Meisterwerk heute immer noch mit Begeisterung  spielen kann und sollte, oder besser: warum totgelaubte Untote die besten Untoten sind.

 

Valnar und Co

Die Story um Valnar Darnus, den Menschenfreund und Vampir wider Willen, Alaine Frynia (temperamentvoller Rotschopf) und Asgar Serran (Bad Boy vom Dienst und Valnars exzentrischer Schöpfer) ist gut durchdacht, fesselnd und allem voran: blutig.
Dem Spieler wird bei absolut allem freie Hand gewährt und genau das ist es, was ich an diesem Spiel so schätze.

Entscheidungsfreiheit und ihre Schwierigkeiten

Ob es nun darum geht, Valnars vampirische Gesinnung zu bestimmen, indem ihr zahlreiche Nebenquests bestreitet, um den Menschen die Existenz etwas zu erleichtern, ob ihr kurzum alles vernichtet, aussaugt und zerhackstückelt oder ob es sich nur um die Reihenfolge handelt, in der ihr die Dinge angeht. Ihr entscheidet.
Euch sind keinerlei Grenzen gesetzt und ich habe selten Spiele gesehen, die Story, Spannung und 100-prozentige Selbstständigkeit so geschickt und strukturiert vereinen wie diese Reihe. Gut, ich gebe zu, ich werde wohl nach ein paar Jahren des Nichtspielens  aufs Neue in Abraxas Turm verzweifeln, aber ein bisschen seelische Folter macht das ganze doch erst so richtig lustig^^.

 

Vampires Dawn 2

Und was ich immer noch großartig finde ist, dass „Marlex“, oder Alexander Koch, wie ihn Nichtvampire zu nennen pflegen, es 2005 mit der Veröffentlichung von Vampires Dawn 2 : Ancient Blood tatsächlich geschafft hat, den Vorgängertitel und somit sich selbst zu übertreffen.

VD2 ist alleine schon von der Länge der Hauptquest her doppelt so umfangreich wie sein Vorläufer und bringt noch an die 50 Nebenquests mit auf den Tisch. Die Story steht ebenfalls in nichts nach und ist sogar weitgreifender, als es sich am Anfang vermuten lässt.

 

Was neu ist

Während ihr versucht die Welt vor der Apokalypse durch die Elrasmagier zu bewahren und nebenbei das Raum-Zeit-Gefüge wieder herzustellen, hält euch das neue ATB-Kampfsystem, welches das altbekannte rundenbasierende abgelöst hat, ganz schön auf Trab. Allerdings ist das nicht die einzige Neuerung, mit der wir es hier zu tun bekommen. Neu und dem Spielspaß durchaus zuträglich (gerade für die „bösen“ Spieler) sind die „Umwandlungsoption“, die es euch erlaubt Menschen nicht nur auszusaugen, sondern in nützliche Gegenstände zu verwandeln, sowie die „Verwandlungsoption“, mit deren Hilfe ihr euch eine Armee von Vampiren erstellen könnt um eure Interessen durchzusetzen. Außerdem wich der RPG-Maker 2000 bei der Erstellung des zweiten Teils der Saga dem RPG-Maker 2003.
Neben einer großen Anzahl an neuen Charakteren treffen wir auch auf alte Freunde, oder vielmehr: Feinde.

 

Die verschiedenen Enden

Und da es genau wie beim ersten Teil mehrere verschiedene Enden gibt (je nach getroffenen Entscheidungen und Gesinnung des Spielers) ist die Reihe individuell gestaltbar, bietet Überraschungen und Potential für  insgesamt 11 unterschiedliche Spieldurchgänge. Und zugegebenermaßen, die meisten davon und ganz besonders das von Marlex als das „echte und gewollte“ Ende ausgeschriebene, sind gelinde gesagt mindblowing  und zerstören mit hoher Wahrscheinlichkeit deine Kindheit, wenn du ein First-Generation-Spieler bist. Aber wer sich auf eine „Böse-Nachtgeschichte“ einlässt, muss auch ihre Konsequenzen tragen können.

 

VD3: The Crimson Realm

Wer sich also für Vampires Dawn : The Crimson Realm, an welchem „Marlex“ gegenwärtig arbeitet, wappnen will, der sollte unsere untoten Helden aufs Neue auferstehen lassen.
Crimson Realm wird nicht mehr in RPG-Maker-Manier gestaltet sein, sondern arbeitet mit einer neuen Technik, die nun den Charme der Serie mit HD-Auflösung und sonstigen  Schmankerln kombinieren soll.  Inhaltlich wird es verstärkt um Asgars und Alaines Vergangenheit gehen, auch Abraxas und Vincent Weynard werden wohl eine Rolle spielen. Valnar wird zwar unter anderem auch vorkommen, doch wird er nicht mehr mit von der (spielbaren) Partie sein.
Das Prequel soll außerdem vom Spielverlauf her direkt in den ersten Teil der Reihe münden.

Gut trotz seiner Ecken und Kanten

Die meisten Zweifel an dieser Vampirsaga konnte ich wohl ausräumen, obwohl ich Kritikern in einem Punkt wohl recht geben muss: wer sagt das Spiel sei schwer, mag nicht ganz Unrecht haben.
Fakt ist nun einmal, dass der Spieler in ein sehr weitläufges Game hineingeworfen wird, da gibt es jede Menge Möglichkeiten sich zu verrennen. Aber das Risiko kommt nun einmal mit der Entscheidungsfreiheit und wer sagt denn, dass das schlecht ist? Gebt es ruhig zu: ihr seid damals in Skyrim, wenn ihr mal nicht mehr weiter wusstet, auch auf gut Glück auf den erstbesten Berg geklettert und seid runtergesprungen, nur weil ihr es konntet. Ein bisschen Vagabundendasein hier, ein wenig Gefahr dort, das ist so richtig männlich, wild und verwegen und ist genau das, was wir eigentlich wollen. Was wäre denn das Leben ohne Herausforderungen?