Schonmal versucht, euch mit dem Satz an einer Pegida-Abteilung vorbeizumogeln? Nein? Indy schon. Naja, irgendwie zumindest. Nur eins von zahllosen Zitaten, die mir im Kopf geblieben sind und euch jetzt um die Ohren gedroschen werden wie eine Bullenpeitsche. Für deren weitere Verwendungszwecke konsultiert einen der LucasArts-Klassiker. Apropos LucasArts (Penetrier ein Beinbeugegelenk deiner Wahl, Disney!): Wer hatte am 2.September Geburtstag? Na? Der mächtigste Pirat aller Zeiten – Guybrush Threepwood und seine Affeninsel!
„Wie passend, du kämpfst wie eine Kuh!“
Keine Ahnung, wie oft ich diesen Satz als Entgegnung auf alles mögliche schon benutzt hab, aber noch nicht oft genug. Mein lieber Herr Treibholz, du hast zusammen mit dem Kerl, der nach dem Familienhund benannt wurde und dem vermutlich eingebildedsten „Zauberer“ überhaupt meine Kindheit und Jugend bis heute geprägt. Point-and-Click-Adventures sind für mich beinahe die absolute Inkarnation der Nostalgie geworden und schlagen sogar das SNES mit Dauerbrennern Terranigma oder Secret of Evermore. Emulatoren wie ScummVM lassen uns immer noch die knuddligsten Psychopathen auf dem Weg zum größten Wollknäuel der Welt verfolgen, während sie nichts als Zerstörung hinterlassen. Warum bin ich so beigeistert davon und warum bin ich nicht allein?
Zum Einen ist es natürlich die Tatsache, dass die Charaktere der schiere Wahnsinn waren. Das meine ich nichtmal als Metapher, das war größtenteils blanker Irrsinn mit etwas Körper drumrum. Gnadenlose Selbstüberschätzung, gepaart mit Schlagfertigkeit und dem festen Glauben an die Konsequenzenlosigkeit aller Handlungen sind die Treibfedern hinter Guybrush Threepwood oder Simon, dem Zauberer. Und das sind ja noch die GUTEN. Muss ich von Sam und Max erzählen? Ne. Ich glaub nicht. Die Fernsehserie mit den beiden sei euch trotzdem wärmstens ans Herz gelegt. Also, die Pro- und Antagonisten waren ganz eigene Hausnummern, keine Frage, die Nebencharaktere waren auch immer herrlich schräg. Klar, man könnte jetzt fragen: „Aber halt, Anti, was schreibst du da, es war nicht alles lustig früher! Wir haben den Kitt aus den Fenstern gefressen und…!“ Und auch wenn ich solches Gejammer eigentlich ignoriere, es stimmt schon. War ned alles lustig.
“Gehen Sie weiter bitte, hier gibt es nichts zu lachen!”
Da gabs PaCs mit Tiefgang, ohne Humor, aber mit einigen Denkanstößen. The Dig, Beneath a steel sky oder I have no mouth and I must scream sind voll von düsteren Umgebungen und auch die erlebten Geschichten und die Charaktere sind nicht wirklich lustig. Na gut, nicht für jeden, aber meist überwiegt hier das Unheimliche, das gnadenlos menschliche. Beispiel gefällig? Im letztgenannten Adventure (einer Adaption des gleichnamigen Cyberpunk-Romans) spielt man einen Ex-Nazi-Arzt, einen schwer Depressiven, eine Frau mit panischer Angst vor der Farbe Gelb wegen einer erlebten Vergewaltigung, einen paranoiden Betrüger und einen Ex-Militär, der einige seiner Männer umgelegt hat, weil sie nicht seinen Anforderungen entsprachen. Gemütliche Runde, was? Fehlt nur noch das Konfetti. Könnte fast so spaßig werden wie Carrys Abschlussball.
Die Storys waren oft komplex, an Filme oder Literatur angelehnt, die Spiele richteten sich aber in jedem Fall an Erwachsene. Sei es wegen des oft hintergründigen Humors oder wegen der düsteren Inhalte. Oder wegen der nötigen Frustrationstoleranz, was mich zu einem Damoklesschwert dieser Spielegattung bringt: den Rätseln. Die manchmal jegliche Logik überstrapazierten. Und ohne Internet gabs keine Komplettlösungen. Warum ist nie wer Amok gelaufen deswegen?! Scheiß auf Killerspiele, ernsthaft! Schonmal zwei Tage damit verbracht, ALLES mit ALLEM zu kombinieren und dann festzustellen, dass du ein Item übersehen hast, weil der eine Pixel, den es einnimmt, ein bisschen untergegangen ist IM DSCHUNGEL?! Und doch. Nie aufgegeben, irgendwie immer jedes Rätsel geknackt, gleich wie absurd es manchmal zu lösen war. Erfolgserlebnisse, die der Kreativität zu verdanken waren und ebendiese auch förderten, die um die Ecke denken zur zweiten Natur werden ließen.
“Dä dä dädääää, dä dä däääää…”
In der starken Hoffnung, dass derartige Adventures nicht mit LucasArts quasi gestorben sind, habe ich einige Jahre lang in den Untiefen des Interwebs gegraben. Gegraben nach alten Spielen (ein Fund war, um des Wortwitzes Willen, übrigens The Dig), nach von Fans selbsterstellten Kleinoden, bis dann irgendwann Daedalic auf meinem Schirm erschien, wortwörtlich. Deponia, Edna bricht aus – eine neue Generation ganz im Stil meiner geliebten PaCs, mit irren Charakteren, coolen Settings, liebevollen Details, saftigen Rätseln…alles da! Und dann überkommt mich eine neue Art Nostalgie, die von etwas Neuem statt etwas Altem herrührt – ich präge jetz einfach mal ungefragt den Begriff „Neostalgie“ dafür. Gleichzeitig erweckt es den Wunsch nach dem, was war, während es den Wunsch befriedigt, mir Lachkrämpfe beschert oder meine Kinnlade Löcher in den Schreibtisch stanzen lässt vor Fassungslosigkeit, was manche Rätsel angeht.
Ich könnte noch sehr viel mehr schreiben, über die einzelnen Spiele, das Genre an sich oder die mögliche Zukunft, aber da wurde schon viel gesagt. Was für mich ausschlaggebend ist: diese Spiele haben mich glücklich gemacht und machen es noch. Irgendwie ist es, wie ein Lieblingslied unerwartet wieder zu hören und in einer Mischung aus Freude und Melancholie weinen zu wollen. Ja, so einen Eindruck haben Computerspiele auf mich gemacht, so sehr haben sie mich teilweise geprägt. Sie berühren einen Teil in mir, der sich immer noch wie ein Kind freut, wenn ein Teil ins andere passt und es vorwärtsgeht. Und wenn dann Menschen wie eine meiner Ex-Freundinnen angeschissen kommen und meinen, sie hätten für so einen „sinnlosen Zeitvertreib“ nichts übrig, will ich aus Reflex sauer sein, die Spiele verteidigen, blablabla. Aber dann…ist da eigentlich nur Mitleid. Diese Menschen haben nie dieselben tiefgreifenden Erfahrungen auf so vielen Gefühlsebenen machen dürfen, die diese Spiele mir beschert haben. Empfinden nicht dasselbe Glücksgefühl, wenn die Indiana-Jones-Melodie in 8-Bit zu hören ist oder man in Simon the Sorcerer beim McSumpfling erfährt, dass die Leute zwar schon kotzen müssen vom Essen, das aber herrlich cremige Milchshakes ergibt.
Was ich dann schlussendlich auf solche Dinge wie “Du sitzt da wie ein Schaf vor dem Kasten und machst nix vernünftiges!” entgegne? Meistens ein einfaches: