Auf dem Animation Day 2016 konnten Fachbesucher als auch Laien einen Einblick in die Welt der Visual Effekts erhalten. Von Star Wars bis “Shaun das Schaf” war alles geboten.
Finn: „We’ll figure it out. Use the force!“
Han Solo: „Thats not how the force works.“
Wohl alle Fans großer Filme kennen diesen tollen Dialog aus dem neuesten Teil der Star Wars Saga. Die Macht der heutigen Filme entspringt vor allem den Visual Effekts und der Aufarbeitung des Filmmaterials. In München, auf dem Animation Day 2016, bekam das Publikum, hauptsächlich Designestudenten, geladene Gäste (und Laien wie ich) einen kleinen Einblick, wie diese Macht dann wirklich funktioniert. Auf dem Animation Day 2016 in München bekam das Publikum (hauptsächlich Designstudenten, geladene Gäste und Laien wie ich) einen kleinen Einblick in die Funktionsweise dieser Macht. Nach der Einführung durch den Kurator Prof. Jürgen Schopper wurde gleich am Beispiel des Filmes „The Man from U.N.C.L.E“ gezeigt, dass sich mit Visual Effekts gleich an mehren Stellen so richtig schön tricksen lässt. Eine der großen Herausforderungen in diesem Film war laut Sven Pannicke, das Berlin der 6oiger Jahre glaubhaft auf die Leinwand zu bringen. Wer von euch schon mal in Berlin war, wird nicht umhin kommen zu bemerken, dass die Stadt nicht mehr so aussieht wie zu Zeiten unserer Großväter. Pannickes Firma ist deswegen nach Schlesien gefahren und hat dort in fünfmonatiger Vorarbeit Häuser aus diesem Baustil aus den 60ern abfotografiert, um dann eine Bibliothek zu erstellen, mit deren Hilfe dann ein virtuelles Berlin geschaffen werden konnte. Einige Szenen mussten im Nachhinein animiert werden, da der Schnitt oder der Kamerawinkel nicht gepasst hatten. Auch hier kam wieder die Bibliothek zum tragen – und der glückliche Umstand, dass im Osten nicht mehr als fünf Autotypen die Straßen befahren haben.
Vater der Drachen
Vom virtuellen Berlin aus ins reale Frankfurt. Dort entstehen die Drachen für „Game of Thrones“. Sven Martin gewährte mir einen sehr schönen Einblick in den Entstehungsprozess dieser faszinierenden Kreaturen. So wurden zum Beispiel tote Hühnchen benutzt, um den Muskelapparat der virtuellen Feuerspucker nachvollziehen zu können und letztlich zu konstruieren. Allgemein waren Vögel (speziell Tauben) die Referenz in Sachen Größe, um die Drachen so „real“ wie möglich gestalten zu können. Für die Haut wurden dann Krokodile, Schlangen und Frösche zu Rate gezogen. Für mich als Laien war es unglaublich, wie viel Augenmerk auf Anlehnungen an reale Begebenheiten gelegt wird. Ich hatte bis dahin immer den Gedanken „Ach, die denken sich was aus, tippen das in den Rechner und fertig ist das Ding“. Damit lag daneben. Das Entwicklerteam ging soweit, einen Flugkanal für die Drachen zu simulieren, um die Flugfähigkeit der Tiere zu überprüfen.
40 Jahre ILM
Der nächste Redner, im Münchner Saal der Hochschule für Film und Fernsehen, war Marian Mavrovic, Mitarbeiter bei Industrial Light & Magic. Diese Firma wurde von George Lucas für die Arbeiten an Episode IV – Eine neue Hoffnung gegründet. Die Absicht dahinter war, die Raumschlachten so spannend wie möglich zu gestalten. Für diesen Zweck wurde ein Roboterarm programmiert, um eine beliebige Kamerasequenz exakt wiedergeben zu können. Diese Technik kennen wir heute noch als Motion Control. Dies war allerdings nicht die Geburtsstunde der Visual Effekts, denn schon Jahre zuvor wurden mithilfe von Stop-Motion Skelette zum Kämpfen gebracht. Problem hierbei war die sogenannte Bewegungsunschärfe. Diese Bewegungsunschärfe ließ sich dann durch programmierbare Roboter, wie sie in Jurassic Park eingesetzt wurden, herstellen. In diesem Film kamen auch schon die ersten am Computer entstanden Visual Effekts zum tragen.
Eine Technik, die heute aus keinem Film mehr wegzudenken ist. Im weiteren Verlauf der Veranstaltung kam vom gleichen Redner ein vertiefender Vortrag zum neuen Star Wars Episode VII – Das Erwachen der Macht. Hier konnte man sehen, wie weit die Visual-Effect-Industrie inzwischen ist. Gleichzeitig konnte man aber auch beobachten, dass Star Wars eine Erscheinung für sich ist. So wurde im siebten Teil der Saga wieder verstärkt auf Puppen gesetzt und nicht alles am Computer erstellt. Bei sehr komplexen Einstellungen oder Charakteren wie Maz Kanata kamen die neuesten Technologien zum Einsatz. So war zum Beispiel der Stoff an ihren Füßen nicht einfach nur eine Textur, sondern eine mathematische Funktion. Ich als Normalsterblicher muss an dieser Stelle gestehen: Ich hatte keinen blassen Dunst, was genau mir das nun sagen soll. Der Designer im Stuhl neben mir hat allerdings auf einmal sehr große Augen gemacht.
Haarige Angelegenheit
Aber nicht nur bei Star Wars kamen Puppen zum Einsatz, der Film „Shaun das Schaf“ wurde nur mit solchen gedreht. Loyd Price brachte dem Auditorium mit seinem typischen britischen Humor den Entstehungsprozess hinter dem Stop-Motion-Film nicht nur näher, sondern man konnte förmlich spüren, wie viel Herzblut in diesen Film geflossen ist. „Ich habe mit diesen Puppen mehr Zeit verbracht als mit meiner Frau und Kindern“, so der Puppen-Dompteur. Das verwundert aber auch nicht, bei einem ganzen Tag Arbeit für nur eine Sekunde Film. Nicht nur für die Einstellungen selbst wird viel Zeit aufgewendet, sondern auch für Reparaturen an den Puppen und dem Erstellen neuer Gussformen. Desweiteren haben diese Leute mit denselben Problemen zu kämpfen wie auch die großen Filmstudios. Physik ist und bleibt nun mal Physik. Licht verhält sich auf kleinem Maßstab genauso wie auf großem, somit muss sehr viel getüftelt werden, um eine realistisches Belichtungssituation zu finden. Um überhaupt ein Gefühl zu bekommen, wie diese Szene auszusehen hat, sind sich die Mitarbeiter auch nicht zu schade, erst einmal alles selbst zu spielen und das dann noch einmal mit Puppen im Stop-Motion-Stil nachzustellen.
Alles in Allem: All denjenigen unter euch, die sich für Animationstechnik oder Visual Effects interessieren, kann ich diesen Tag nur wärmstens empfehlen. So nahe kommt ihr euren Idolen sonst kaum, da sie die meiste Zeit entweder hinter einem Computer sitzen oder über ein selbstgebautes Set klettern. Für Laien wie mich ist dieser Tag allerdings auch sehr interessant. Klar, von den Fachbegriffen versteht man nicht einmal die Hälfte, aber es ist schön zu sehen, wie viel Leidenschaft und Ideen in die Effekte eines Filmes einfließen.