Master of Orion erhielt ein Remake. Am 26. August wurde das Spiel von WGLabs veröffentlicht. Zeit einen Blick drauf zu werfen.
Ursprünglich sollte das Game bereits am 26. Februar erscheinen. WGLabs hat allerdings das Feedback von Betatestern und der Community ernst genommen und den Release daraufhin auf kurz nach der Gamescom verschoben. Die von Wargaming geschaffene Spieleschmiede kann sich dies zum Glück auch erlauben, da kein Publisher mit Quartalsquoten im Hintegrund Druck macht.
Master of Orion – Rückkehr einer Legende
Als ich vor einem Jahr auf der Gamescom zum ersten mal von einem Remake des Spieleklassikers hörte, war ich voller Vorfreude. Auch klangen die Versprechen gut, nach denen die Entwickler großen Wert drauf legen, die Atmosphäre von Master of Orion entsprechend einzufangen und in die aktuelle Gaming-Generation zu hieven.
Das Spiel braucht via Steam rund 8GB freien Speicherplatz auf der Festplatte. Nach dem Download kam das Intro, welches, ganz im Gegensatz zum ersten Trailer, deutlich liebloser wirkt. Aber man will ja nicht kleinlich sein. Denn nicht jede Spieleschmiede kann Intros in einem epochalen Ausmaß wie Blizzard liefern. Zumal Master of Orion das erste Spiel von WGLabs und auch das erste reguläre Einzelpreis Spiel ohne Free to Play von Wargaming ist.
Freudig erregt war ich jedoch die Stimme von Lieutnant Commander Worf, besser gesagt seinem Schauspieler und Synchronsprecher Michael Dorn zu hören, der mir zuerst die elf verschiedene wählbare Spezies vorstellt. Wer keine der vorgefertigten Völker spielen will, kann sich auch selbst eine mit ganz eigenen Attributen erstellen. Die meisten Rassen, wie die mental starken Psilon, die kybernetischen Meklar oder das Katzenvolk der Mrrshan, welche schon im 1993 erschienenen Rundenstrategietitel enthalten waren, finden sich auch im Remake wieder. Einige wurden jedoch ausgelassen. So fehlen die feenhaften Elerianer oder die kriegerischen Grendarlianer.
In meinem Review wollte ich weg von kohlenstoffbasierten Lebensformen und habe mich für die auf Silicium basierten Lebensformen der Silicoiden entschieden. Ihre Vorteile. sie können schwierige Lebenswelten wie Lavaplaneten besiedeln, leben sehr lang und sind diplomatisch Tolerant gegenüber anderen Lebensformen, was nicht zuletzt daraus resultiert, dass sie schnelllebige Spezies kaum beachten, da sie diese eh überdauern. So zumindest die Erklärung im Spiel.
Spieleinstieg im Singleplayermodus
Nach der Wahl der eigenen Spezies folgen weitere Parameter das Universum betreffend. Wie viele andere Völker werde ich treffen.Das Maximum sind hierbei sieben andere Völker auf der größtmöglichen Karte. Ist die Galaxie spiral- oder kreisförmig oder bildet sie einen großen Cluster? Wie groß und wie alt soll die Galaxie sein? Wobei in der Größe die Wahl nur zwischen “Medium”, “Large” und “Huge” bleibt. Bei der Frage, in welchem Zeitalter die eigene Spielerfahrung startet bietet das Spiel Pre-Warp (vor der Reise zu sehr weit entfernten Systemen), Post-Warp oder “Advanced/Fortgeschritten” an. Der Schwierigkeitsgrad und die Spielgeschwindigkeit lassen sich in je sechs verschiedenen Stufen bestimmen. Am ende kommt der “Big Bang Seed” eine Art Zufallsgenerator für die Verteilung der Sterne im Universum.
Die Advanced Settings bieten noch erweiterte Ja/Nein Attribute wie Piraten, Zufällige Events, Monster, Spezielle Eigenschaften der Spezies und ausbalancierte Startbedingungen an. Auch wie oft das Spiel speichert und die Möglichkeit bietet einen Schritt zurück zu gehen und andere Taktiken zu wählen ist hier gegeben. Hinzu kommen die Geschwindigkeit von Forschung, Produktion und Bevölkerungswachstum. Am Ende legt man noch die Siegbedingungen fest. Civilization Spieler werden sich hier heimisch fühlen, denn alle Einstellungen findet man nahezu identisch auch in Sid Meiers Strategiereihe. Jetzt kann das erste Spiel beginnen.
Jede Spezies bekommt ihr eigenes kurzes Intro, danach geht es direkt ins Spiel. Ein Advisor gibt hilfreiche Tipps zu Forschung, Produktion und Diplomatie. Man kann diesen aber auch abstellen. Die Ähnlichkeiten zu Civilization hören auch nach dem Spielstart nicht auf. Was aber kaum negativ zu werden ist. Rundenstrategiefans werden sich schnell zurecht finden, und etablierte Modelle werden schließlich gerne übernommen.
Die erste Forschung, die man wählen kann, ist demzufolge auch die Fähigkeit zu anderen Sternen zu reisen. Danach spaltet es sich im Technologiebaum in die Bereiche der Diplomatie, Physik, Biologie oder Ingenieurskunst auf.
Der Heimatplanet folgt mit drei Schwerpunkten. So kann man seine freien Arbeiter in die Slots für Forschung, Nahrung oder Produktion (großer interstellarer Kriegsschiffe) stecken. Was die Produktion angeht, muss der Heimatplanet zuerst mit den entsprechenden Gebäuden ausgestattet werden. Orbitale Verteidiungsplattformen, Sternenbasen oder Kasernen für Soldaten folgen als erstes. Die Vergleiche mit Civilization werden nicht weniger, denn wer Geld in Form von Credits braucht, kann seine Produktion auch monetarisieren.
Ressourcenmanagement
Kommen wir gleich zu den Ressourcen im Spiel: Credits sind, wie bereits gesagt, das interplanetare Zahlungsmittel für alles, was man sich nur kaufen kann. Für die Flotte gibt es Command Points. Diese limitieren die Größe der eigenen Flotte. Als letzte Anzeige folgen die Forschungspunkte, die, je höher sie sind, ein schnelleres Voranschreiten im “Space Race” garantieren. Über verschiedene Reiter im Spiel gelangt man zum Empire-, Forschungs- oder Diplomatie-Management. Auch ist es möglich, die nötige Technologie vorausgesetzt, die anderen Spezies auszuspionieren. Die Optionen wirken alle schnell vertraut, allerdings damit auch ein wenig einfach gestrickt. Die Komplexität des Spiels wird sich erst nach mehreren Runden zeigen, wenn Planeten und Flotten entsprechend größer werden und mehr Aufmerksamkeit verlangen. Bevor ich den Button anklicke, der meine erste Runde abschließt, erwische ich ich mich selbst dabei, wie ich mit der Maus durch die Nebelschwaden meiner Spiralgalaxie scrolle. Leider bleibt es hier nur bei einer Draufsicht.
Die ersten Runden passiert naturgemäß sehr wenig, da die Forschung und die Bauprozesse vorangetrieben werden. Ein Indikator am Planet gibt den Produktionsfortschritt und die Runden bis zum nächsten großen Bevölkerungsschub an. Nachdem die Fähigkeit erforscht wurde andere System zu bereisen, stehen die ersten Schiffe zur Verfügung. Ein Scout scheint die logische Wahl, da man noch viel zu Entdecken hat. Wer auf schnelle Expansion setzt, sollte das Kolonieschiff früh in Auftrag geben. Als erste Kampfeinheit hat man die Wahl zwischen dem Bau einer Fregatte, oder für etwas weniger Produktionskosten gleich fünf Stück, die man in die Produktionsqueue schicken kann.
Civilization im Weltraum? Nicht ganz!
Gäbe es mit Beyond Earth nicht bereits ein Civilization auf fremden Planeten, wäre es das Remake von Master of Orion. Wo Entdeckung und Eroberung in Beyond Earth allerdings auf der Planetenoberfläche ausgetragen wird, spielt sich bei MoO alles in der Galaxie ab. Die Elemente und Funktionen bleiben aber nahezu identisch. Anomalien im Weltraum, die mit Schiffen entdeckt werden können, gleichen sich den Ruinen in Civ. Der Fortschrittsbaum lässt sich dediziert bis zu einem gewählten Punkt automatisieren. Die diplomatischen Möglichkeiten bieten die bekannten Optionen wie Allianzen, Handel von Ressourcen, Forderungen und Kriegserklärungen.
Gewisse Forschungen verlangen wie in Beyond Earth eine dedizierte Auswahl des Spielers, zu welchem strategischen Vorteil diese genutzt werden sollen. Die starke Ähnlichkeit kann aber auch als leichter, vielleicht sogar zu leichter Einstieg in die Funktionen des Spiels gesehen werden. Zwar macht die Entdeckung der Galaxie, der Abbau von Asteroiden und der Ausbau der Planeten trotz aller Ähnlichkeiten seinen Spaß, seine individuelle Stärke und Freude am Spiel gewinnt Master of Orion allerdings erst so richtig in Aufbau und Ausrüstung der Weltraumschiffe und natürlich in den Weltraumschlachten.
Hier zeigt sich eine strategische Tiefe vom neuen Master of Orion. Die unterschiedlichen Waffensysteme haben sehr individuelle Vor- und Nachteile. Einige sind so zwar Effektiv darin, den Gegner zu zerlegen, ziehen aber verheerende Umwelteinwirkungen nach sich. Die richtige Kombination aus Verteidigungs- und Abwehrmaßnahmen entscheidet ebenso über den Sieg einer Schlacht, wie taktische Aufstellung und Züge.
War in Space
Die Schlachten werden, wie im alten Master of Orion, auf einem Extra Feld ausgetragen. Nach einer kurzen Animation beginnt der Kampf. Man kann selbst in die Schlacht eingreifen oder diesen komplett der AI überlassen. Das Kampfsystem ist hier ähnlich wie im alten Master of Orion, was die taktischen Elemente auf den Einsatz der im Schiff verbauten Waffen, Schilde und Spezialgeräte beschränkt. Mit wenigen Manövern wie “Blink” kann man noch zerstörerischen Angreifen ausweichen, dennoch hätte ich mir hier mehr Optionen wie in der Total War Reihe gewünscht.
Gelegentlich spawnt ein zufälliges Ereignis, wie die Erscheinung eines Space-Aals, was in einer animierten Einblendung des fiktiven Nachrichtensenders Galactic News Network angekündigt wird. Auch informiert das Netzwerk in regelmäßigen Abständen über den Fortschritt der anderen Spezies. Nach einer Weile bin ich jedoch ziemlich froh über den Skip Button, der die Animation abbricht, da man sich schnell an ihr Satt gesehen hat.
Die Spionage stößt mir am Anfang etwas nervig auf, gerate ich genau neben einen Terraner, der seinerseits viel in die Spionage investiert. Ich wiederum setze viel in die Abwehr ebendieser. Leider gehen mir die Meldungen, die nahezu jede Runde über den Bildschirm ploppen, schnell auf den Geist. Würde ich mich doch gern mehr anderen Elementen des Spiels mehr widmen als der Spionage.
Knapp 400 Spielrunden später habe ich meinen Konflikt mit den Terranern ausgetragen um sogleich von den bis dato friedlichen Psilonen überrannt zu werden. Wie Civilizations Mahatma Ghandi im Atombombenwahn überrollen sie mit mir weit überlegender Technologie ein System nach dem anderen. In den nächsten 50 Runden ist die Existenz der Silicoiden, zumindest in diesem Universum, nur noch Geschichte. Diese Übermacht erschien mir stark unausgeglichen. Für den Einstieg wählte ich einen nicht gerade harten Schwierigkeitsgrad. Wahrscheinlich habe ich aber einige Aspekte der Verteidigung und Forschung einfach sträflich vernachlässigt. Um festzustellen woran meine Niederlage lag, muss ich erst noch weitere Runden ansetzen.
Weltraumepos für das kleine Geld?
Bis dahin bleibt Master of Orion aber für Fans der Rundenstrategie ein optisch ansprechendes und überwiegend sauber programmierte Spiel. Der Inhalt und taktische Tiefe wirkt in Teilen noch zu Simpel gestrickt. Die größten Schwächen finden sich im Balancing der KI und des Technologiebaumes. Hier würde eine Überarbeitung dem Spiel enorm helfen. Auch könnten die Weltraumschlachten anspruchsvoller gestaltet werden. Aufgrund des Einführungspreis kann es jedoch mit den 4X-Titeln gut mithalten.
Master of Orion gibt es für 29.99€ auf Amazon und für 27.99€ auf Steam.