Kommenden Dienstag erscheint Daedalics Fortsetzung zu “A Whispered World”. Wir durften bereits vorab einen Blick auf das neue Adventure werfen.
Aber ist das Adventure-Genre nicht lange tot?
Zugegeben, das goldene Zeitalter des Genres liegt fast zwanzig Jahre zurück. Trotzdem blieben damalige Kassenschlager wie Monkey Island oder Day of the Tentacle tief im Gedächtnis vieler Gamer und zählen bis heute als Meilenstein der Videospielkultur. In den darauffolgenden Jahren änderte sich jedoch der Schwerpunkt vieler Spiele. Niemand wollte mehr eine einfache lineare Story spielen und die Nachfrage nach immer mehr Action, Entscheidungsfreiheit und besserer Grafik drängten die Adventure-Games bis zur Jahrhundertwende nahezu vom Markt.
Heute erlebt das Genre eine Renaissance. Plumpe Grafik und teils ödes Storytelling gehören der Vergangenheit an. Der Hamburger Publisher Daedalic hat sich mit Spielen wie “Edna bricht aus” oder “Deponia” über Jahre eine stabile Fanbase aufgebaut. Ausschlaggebend dafür war neben den mit viel Witz erzählten Geschichten auch die Liebe zum Detail. Mit “Silence” setzt Daedalic nun noch eine Schippe drauf.
Das Auge sieht sich kaum Satt
Müsste ich das Design mit einem Wort beschreiben, dann diesem: Kunst. Allein in der näheren Betrachtung der Hintergründe macht sich in mir der Wunsch breit, diese als Gemälde in meiner Wohnung aufzuhängen. Jeder Schauplatz ist bis ins Detail abgestimmt und ein Orgasmus für die Augen. Die dynamische Lichtsetzung gibt dem Ganzen noch den Rest. Wer jetzt ein starres Bild vor Augen hat irrt gewaltig. Im Wind wehende Grashalme, Flussläufe oder in der ferne vorbeiziehende Vogelschwärme hauchen der Welt von Silence leben ein. Untermalt wird die Szenerie außerdem mit der passenden Musik, welche die Stimmung der einzelnen Schauplätze noch hervorhebt. Schlussendlich entsteht ein buntes Potpourri vieler Elemente, welche die Spielwelt in sich stimmig werden lässt.
Umso überraschender sind daher die teils etwas grob geratenen Bewegungen. Wenn Noah sich über die Karte bewegt hakelt er vereinzelt. Dies ist jedoch noch lange nichts im Vergleich zu seinen “Kastenfingern”. Sind einem diese einmal ins Auge gefallen so sieht man sie ständig, egal ob während des normalen Spielverlauf oder in den Cutscenes. Die Farbauswahl hat zudem in vielen Szenen einen enormen Grünstich, der aber bewusst gewählt sein könnte.
Facettenreiche Figuren
Die Beweggründe der einzelnen Charaktere sind gut nachvollziehbar. Noah ist der besorgte große Bruder, welcher zu Anfang so schnell wie möglich wieder aus der geflüsterten Welt fliehen möchte um seine Schwester Renie vor der gefährlichen Traumwelt zu behüten. Diese hat jedoch alles andere im Sinn als die Rückkehr in die vom Krieg zermürbte Realität und erkundet recht blauäugig ihre neue Umgebung. Ihre kindliche Naivität und die daraus entstehenden Dialoge treiben einem immer wieder vor Lachen Tränen in die Augen. Ihre süße Art weckt in einem selbst den Beschützerinstinkt. Noch süßer allerdings ist der kleine grüne Begleiter Spot. Die kulleräugige Raupe kann alle erdenklichen Formen annehmen, sich mit Flüssigkeiten vollsaugen und hat eine Vorliebe dafür, Dinge anzulecken. Mit ihren Fähigkeiten kann Spot beispielsweise durch enge Spalten schlüpfen oder sich zu einem großen, grünen Gummiball aufblasen.
Die Story
Die geflüsterte Welt stellt eine Welt zwischen Leben und Tod dar. Im ersten Teil schlüpft ihr in die Rolle Sadwicks, einem von Selbstzweifel geplagten Clown welcher die Whispered World “retten” muss. Mit dabei war auch schon hier Spot. Gegen Ende erfahrt ihr die Wahrheit über die Zwischenwelt, in welcher ihr gefangen Scheint. Aber keine Sorge, um “Silence” zu verstehen braucht ihr kein Vorwissen aus Teil Eins. Schließlich erzählt Noah zu Beginn seiner Schwester eben jene Geschichte geschickt, ohne aber gleichzeitig zu viel vom Vorgänger zu verraten. Auch im zweiten Teil ist die Story ähnlich ergreifend und lockt sogar mich, einem eher unerfahrenen Point-and-Click Spieler dazu, das neue Battlefield dafür links liegen zu lassen und mich in die Traumwelt von Silence zu stürzen. Leider wirkt die Geschichte an manchen Stellen etwas zu kurz geraten und oftmals wünscht man sich ein wenig mehr Tiefe. Mit durchschnittlich fünf Stunden Spielzeit wäre hier noch Platz nach Oben gewesen.
Ja, Nein und Vielleicht
Viele Dialoge laufen recht linear ab. Gespräche beinhalten zwar meist verschiedene Antwortmöglichkeiten, jedoch sind diese immer auf zwei Optionen beschränkt. Meist könnt ihr zwischen einer “guten” und “bösen” Antwort wählen. Jedoch bleibt das Resultat das selbe und tut zur Handlung der Geschichte keinen Unterschied. Dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass es sich um ein Adventure handelt und nicht um ein Rollenspiel.
Sudoku ist schwerer
Wer ein Spiel mit anspruchsvollen Rätsel sucht, ist hier falsch. Zwar muss man in vielen Situationen ein wenig Köpfchen beweisen aber mit etwas Geduld und einfachen probieren kommt man meist recht schnell auf die Lösungen.Wer desto trotz mal an einer Stelle hängen bleibt der bekommt per Knopfdruck der mittleren Maustaste einen kleinen Tipp sowie die Objekte angezeigt, mit welchen er interagieren kann. Jedoch liegt der Schwerpunkt bei Silence nicht auf den Rätseln sondern auf der erzählten Geschichte. Und für diese lohnt sich das Spiel.
Fazit
Silence sieht nicht nur fantastisch aus, sondern überzeugt auch mit seiner Story und dessen Erzählweise. Durch die verschiedenen Charaktere mit denen man mal getrennt und mal Zusammen die Traumwelt erkundet bieten sich im Spiel angenehme Abwechslungen an. Dazu geben die Rätsel die nötige Würze und lassen keine Langeweile aufkommen. Für alle die einige Stunden der Realität entkommen wollen und von fantastischen Erzählungen und traumhaften Artwork begeistert sind ist Silence schon nahezu ein Pflichtkauf.