Wenn Christian in seiner Heimatstadt Erding loszieht um Pokémon zu jagen, dann ist es nicht unüblich, dass er öfter angesprochen wird. Mit seinen 57 Jahren zählt er durchaus zur älteren Fraktion der Spieler. Der Grund, warum er am Tag bis zu 50 mal fotografiert wird, ist jedoch ein anderer.
Dabei spielt er Pokémon Go wie jeder Andere. Er geht seine Strecken ab, beteiligt sich an den Raids und quatscht gemütlich mit anderen Spielern. Nur, dass er vier Accounts gleichzeitig hat. Um sein Spiel zu optimieren, hat Christian, der seit 27 Jahren als selbstständiger Versicherungsvertreter im Ort arbeitet, sich eine Halterung gebaut, um mit einer Hand seine vier Accounts bedienen zu können. Wir haben mit Christian über sein Hobby gesprochen, das nach seiner Aussage sein Leben sehr verändert hat.
Lansyn: Christian, wie bist du zu Pokémon Go gekommen?
Christian: Durch meine beiden Söhne. Die haben am 15.07.2016 angefangen zu spielen und ich zwei Tage später. Ich hab zuerst gemeint: “was für ein Schmarrn ist das schon wieder” habe es mir aber dann erst mal angeschaut. Meine Kinder sind in dem Alter wo sie, und wir Eltern, mit Pokemon aufgewachsen sind.
Lansyn: Du gehst mit bis zu vier Accounts gleichzeitig auf die Jagd nach Pokémon. Wie kommt man darauf mehrere Accounts gleichzeitig zu spielen?
Christian: Den Jungs ist der Spaß vergangen, bzw. wurden die Prioritäten anders gewichtet – Fifa 17, Black Ops und dergleichen – somit habe ich die Accounts erst mal mit bedient.
Lansyn: Du wolltest die Accounts nicht einfach verfallen lassen?
Christian: Genau. Zudem war ich seit 29.12.16 auf Level 40 und der Reiz ließ nach. Seit mitte Februar hab ich die Accounts bei 24 und 25 übernommen. Ich habe auch schon 58 Kilogramm durch Pokémon Go abgenommen und brauchte eine neue Herausforderung.
Lansyn: Was haben deine Söhne dazu gesagt?
Christian: Das war ihnen dann ebenfalls Ansporn abzunehmen [lacht].
Lansyn: Also hat Pokémon Go gewissermaßen dein Leben etwas verändert?
Christian: Nicht nur etwas. Durch die Trennung von meiner Frau, für die ich gelebt und ihr alle Wünsche erfüllt habe, wurde ich danach Selbstbewusst, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich war sehr übergewichtig und habe mich nur um Frau und Kinder gekümmert und für sie gelebt. Danach wurde mir bewusst, wenn ich so weiterleben würde, hätten meine Kinder nicht mehr lange was von mir. Ich veränderte aus eigener Initiative die Ernährung und fing mit Bewegung an. Hierbei kam mir Pokemon Go gerade recht. Ich war früher Leistungssportler und wollte wieder fit werden.
Lansyn: Level 40 ist ja schon sowas wie Leistungssport in Pokémon Go. Was würde ein Profi wie du einem Gelegenheitsspieler für einen Rat geben, um wie du in einem halben Jahr auf das Max-Level zu kommen?
Christian: Jeden Tag mindestens 15 Kilometer laufen. Anfangs hatte ich Bandagen am Knie. Da bin ich nur gegangen. Jetzt geht es schneller. Mittlerweile bin ich bei 7,5 km gehen und 7,5 km laufen. Aktuell unter Tags wegen der Raids nicht, aber Nachts so ab halb elf geh ich noch mal raus und mach die 15 Kilometer voll.
- Pokémon Go Spieler Chrisitan Bothe, Links August 2015 bei der Renovierung seines Büros. Rechts Februar 2017 nach sehr vielen zurückgelegten Kilometern in Pokémon Go
Lansyn: Du bist mit deiner Konstruktion für deine Smartphones schon bei anderen Spielern aufgefallen. Wie viele Accounts sind es jetzt?
Christian: Im Mai habe ich den vierten Account von meinem Neffen übernommen, da war er Level 24. Jetzt ist er bei Level 35, nicht mehr viel bis zur 36. Die Accounts meiner Söhne Nicolas und Lucas sind jetzt bei 37 und 38. Ich habe mir vorgenommen bis zum November alle auf 40 zu haben.
Lansyn: Mit der Konstruktion wird man sicher oft angesprochen. Von Passanten als auch anderen PoGo Spielern. Wie waren die Reaktionen bisher?
Christian: In Erding kennt mich fast jeder, sowohl als Geschäftsmann als auch als der Typ mit den vier Handys. Die PoGo Spieler in München kennen mich auch bereits. Es gibt aber auch negative Reaktionen. Letzten Samstag wurde ich von jemandem bespuckt. Der hat aber wahrscheinlich den IQ eines Pflastersteins. Solche Typen sind zum Glück in der Minderheit. Meistens lächeln mir die Leute zu. Wichtig ist, dass wir hier in Erding und der Umgebung ein starker Haufen sind, wo es tagsüber viel Spaß macht und alle so ticken wie ich. Von 13 bis 60 Jahren ist hier alles vertreten. Männlein, Weiblein, alles super. Ich hoffe auch vielen damit eine Freude machen zu können und eine Unterstützung für andere Spieler zu sein, um langfristig dabei zu sein. Ich habe auch viele neue Leute dadurch kennengelernt. Alles super Typen.
Lansyn: In deiner Konstruktion steckt ja einiges an Arbeit. Ist es so fertig oder strebst du nach weiteren Verbesserungen?
Christian: Ich habe vergangenen Samstag eine Sicherung konstruiert, dass die Handys nicht mehr rausrutschen. Ich muss dazu bemerken, dass ich gelernter Schreiner bin. Die Konstruktion fiel mir innerhalb von fünf Minuten ein. Gebaut war es in einer Stunde. Weitere anderthalb Stunden habe ich für Details und erste Optimierungen gebraucht.
Lansyn: Wie sieht denn der grobe Aufbau aus?
Christian: Die Halterung hat zwei Stockwerke. Oben sind die Handys, unten liegen die Powerbanks. Zwei Handys haben eine Simcard, die anderen zwei laufen über den Hotspot mit. Ich kann damit rund 8 Stunden unterwegs sein. Im Rucksack habe ich aber noch Reserveakkus und Powerbanks mit dabei. Gerade bin ich dabei eine Halterung mit Gurten zu entwerfen, damit es sich bequemer trägt. Als Ex-Sportler bin ich aber auch noch kräftig genug.
Lansyn: Deine Konstruktion scheint wie gemacht für Soloraids. Hast du damit schon Raids alleine gemeistert?
Christian: Ja, die Level 5 gehen noch nicht alleine, aber Level 4 Lapras oder Relaxo ist kein Problem. Der schwierigste ist Despotar, aber mittlerweile schaffe ich den auch, da ich viele meiner Pokémon gepusht habe. Aktuell sind es auf allen vier Accounts 135 Pokémon über 3000 WP.
Lansyn: Ist es mit einer freien Hand nicht schwer im Raid vier Handys gleichzeitig zu bedienen? Kommt man da nicht etwas ins schludern?
Christian: Alles Übung, Ich spiele Keyboard, was mir sehr hilft die Angriffe mit den jeweiligen Accounts zu koordinieren. Die Leute, die mir dabei zusehen, sind jedenfalls fasziniert [lacht].
Lansyn: Vor wenigen Tagen wurde bekannt gegeben, dass die Level 5 Raids bis zum 31. August weitergehen. Wo kann man dich am ehesten antreffen und deine Performance am Pokémon Go Keyboard bewundern?
Christian: Ich bin viel in Erding unterwegs. Wir haben hier auch eine sehr aktive Whatsapp-Gruppe und treffen uns täglich.
Lansyn: Welches Pokémon ist dein bester Fang?
Christian: Ich liebe Arkani als Hunde- und Wolfliebhaber. Davon kann ich nicht genug haben.
Lansyn: Welches Pokémon kannst du nicht mehr sehen?
Christian: Wiesor!
Lansyn: Bist du gespannt auf Mewtu?
Christian: Natürlich, ich freue mich auch schon auf die dritte Generation, dann kann ich wieder mehr laufen.
Lansyn: Du hast sicher mitbekommen, dass Mewtu in exklusiven Raids mit Einladung zu fangen sein wird. Was hältst du davon?
Christian: Finde ich ehrlich gesagt schade, dass nicht jeder daran teilhaben kann. Unsere Gruppe wird es nicht treffen, da wir bei den Arenen in unserer Gegend sehr aktiv sind.
Lansyn: Wie lange willst du Pokémon Go noch treu bleiben?
Christian. Ich sehe kein Ende [lacht].
Lansyn: Welche Hobbies kommen für dich, wenn Pokémon Go mal gehen sollte?
Christian: Ich war schon Dart- Halbprofi und spiele gerne Bowling. Das würde ich wieder aufnehmen.
Lansyn: Was würdest du dir in Zukunft von Pokémon Go und Niantic noch wünschen?
Christian: Das Niantic mehr den Wünschen der Spieler entgegen kommt, und dass sie die Events besser durchführen.
Lansyn: Die letzte und wichtigste Frage: Welches Team ist das Beste?
Christian: Bayern München [lacht]. Nein natürlich Team Weisheit, welches ich auch repräsentiere. Aber in den Raid-Kämpfen halten alle zusammen.
Lansyn: Christian, ich danke dir für das tolle Gespräch.
Christian. Keine Ursache, es war mir eine Freude.
Und wo kann ich die Konstruktion nun genau sehen? Ein Foto davon wäre schon ganz cool, wenn es im Interview schon lang und breit besprochen wird und Christian sogar gelernter Schreiner ist 😉
Äh, und wo ist diese Konsturktion nun zu sehen? Zumindest EIN Foto davon im Artikel wäre nicht schlecht. Wenn er sie schon so detalliert beschreiben darf, würde ich sie als Leser halt auch echt gerne sehen 😉
Hallo Tobex. Im Beitragsbild oben ist die Konstruktion zu sehen
Viele Grüße
Stefan