Die meisten kennen es aus der Schule oder dem Studium: nur noch wenig Zeit bis zur Prüfung, aber immer noch nichts gemacht. Statt seine Zeit für das Lernen aufzuwenden, hängen wir auf Facebook fest, schauen lustige Tiervideos oder räumen sogar mal das Zimmer auf. Doch wie können Menschen motiviert werden, unliebsame Aufgaben freiwillig zu erledigen, statt sie ewig aufzuschieben? Simon Roderus stellt im Learning Lab an der TH-Nürnberg den spielerischen Lösungsansatz mit Gamification vor.
Der durchschnittliche Gamer hat 10.000 Spielstunden in der virtuellen Welt verbracht. Eine Menge Zeit, die aber nicht als Belastung wahrgenommen wird. Durch die klassischen Spielelemente wie Punkte, Belohnung, Ziel und Weg oder Bonusrunden werden wir regelrecht in die Spielwelt hineingezogen und erleben somit oft sogenannte Flow-Erlebnisse, bei denen wir alles andere vergessen. Diese Elemente motivieren uns am Ball zu bleiben, auch wenn wir ein Level schon zum hundertsten Mal probieren und trotzdem wieder ins virtuelle Gras beißen.
Warum also nicht etwas, das uns Spaß macht, für etwas Gutes verwenden? Diesen Ansatz verfolgt die Gamification, indem genau diese Spielelemente in anderen Kontexten verwendet werden.
Lernen leicht gemacht
Um den inneren Schweinehund beim Lernen zu überwinden, erstellte Simon Roderus für Informatikstudenten ein Onlinespiel. Die verschiedenen Übungsaufgaben teilte er dafür in Schwierigkeitsstufen ein. Erst wenn ein Student alle einfachen Aufgaben erledigt hat, schaltet er weitere frei. Außerdem sind Bonusaufgaben verfügbar, mit denen eifrige Hochschüler Zusatzpunkte für den persönlichen Punktestand sammeln können. Ein zusätzliches Hindernis dabei: bei längerer Inaktivität werden die Bonuslevel wieder gesperrt und der Highscore schrumpft. „In den Jahrgängen, bei denen das Spiel verwendet wurde, fielen deutlich weniger Studenten durch die Prüfungen, als in anderen Jahrgängen“, meint Roderus. Dies sei aber noch keine aussagekräftige Beobachtung, dafür müssen erst noch wissenschaftliche Studien durchgeführt werden.
Endgegner Wohnungsputz
Ein anderes Konzept für den alltäglichen Gebrauch verfolgt die App „SuperBetter“. Der Spieler trägt dort unliebsame Aufgaben, sogenannte Quests, in eine Liste ein. Außerdem legt er verschiedene Belohnungen, wie eine Folge seiner Lieblingsserie oder ein Eis, vor dem Start der Reise fest. Die App setzt dabei auf ein typisches Leveldesign, bei dem der Nutzer erst mehrere Punkte der To-do-Liste abarbeiten muss, damit er eine Gegenleistung freischaltet. Nach einer gewissen Anzahl bestandener Quests erscheint ein Endgegner, das sind besonders unangenehme Aufgaben für den Spieler. Jetzt heißt es stark bleiben und Zähne zusammenbeißen, denn nach dem bestandenen „Bossfight“ winkt eine besondere Belohnung. Des Weiteren sammelt der Abenteurer auf seinem Weg „Power-Ups“, die das Vorankommen erleichtern und einen zusätzlichen Motivationsschub bewirken sollen. Natürlich funktioniert das Prinzip der Verknüpfung von Spiel und Realität nur dann, wenn sich der Spieler auch an die Regeln hält und sich selbst nicht austrickst. Ob die Aufgaben wirklich erledigt werden, kann die App nicht überprüfen.
Gamification erfordert also immer noch Disziplin, um dran zubleiben und nicht wieder dem gewohnten Trott zu verfallen. Allerdings kann das Konzept uns helfen, spielerisch den eigenen Schweinehund zu besiegen. Wer mit der richtigen Einstellung gegen das gefährliche Tier antritt, kann also schon bald der Held seines eigenen Lebens werden.
Autor: Tobias Rühl