Ich wünsche mir weniger Automatisierungen von Facebook
Facebooks Algorithmus macht mich und viele andere gegen meinen Willen zum Sympathisanten des Terrornetzwerks “Islamischer Staat“.
Der Algorithmus hinter Facebook ist ein mächtiges Instrument. Es verknüpft Datenbanken und verbindet Informationen mit Personen. Die Technik dahinter ist sehr fortschrittlich und erkennt bereits den Inhalt von auf Facebook hoch geladenen Bildern. Aus den ganzen Informationen ergeben sich Rückschlüsse. Zum Beispiel über die Interessen und Verhaltensweisen einer Person. Über das was sie bewegt oder was ihr gutes oder auch schlechtes Widerfahren ist. Die Informationen über gewisse Zielgruppen, wie es in der Werbebranche heisst, sind bares Geld wert. Es ist das Kapital von Facebook, auf dem ihr Wert an der Börse resultiert, der momentan (19. November 2015) auf 289 Milliarden US Dollar geschätzt wird.
Werbung ist noch eine vergleichsweise harmlose Folge aus den verknüpften Datensätzen. Beklemmend ist die Vorstellung, was andere Organisationen mit den Daten anstellen können, die bewusst eine Person zu diskreditieren und ihren Ruf zu vernichten. Bekannt ist, dass die CIA die sozialen Netzwerke nutzt, um an Informationen über Personen zu kommen. Es ist auch fast normal geworden, dass Personaler eine google Suche vorziehen, bevor sie jemanden zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Wenn jedoch die Informationen, die dort zu finden sind, nicht von einem selbst erstellt wurden, sondern aufgedichtet werden, dann können nachhaltige Schäden für die Person entstehen, die gar nichts dafür kann.
Die Daten erzählen mehr über dich, als du selbst
Der Facebook Algorithmus hat sein gutes. Zuerst einmal, ermöglicht es mir die kostenlose Nutzung des Netzwerks. Ganz nach dem Motto: “Wenn du nichts dafür bezahlst, bist du die Ware”. Geht man bewusst mit seinen Informationen um, sollte das alles doch nicht so schlimm sein.
Es ist schön, wenn mir Empfehlungen Anhand meiner Interessen gemacht werden. Vielleicht ist ja etwas dabei, das mir tatsächlich gefällt. Mich stört eine Empfehlung im täglichen Browsing auch nicht. Selbst mit personalisierter Werbung kann ich noch leben, wenn sie nicht zu viel Raum beansprucht.
Die ersten Nachteile der Automatisierung sehe ich, wenn mir Content von Freunden oder von Seiten, denen ich bewusst einen Like gegeben habe, vorenthalten wird. Meist geschieht das, weil ich weniger mit diesen Seiten oder Freunden auf Facebook interagiere.
Ich möchte aber wissen, was meine favorisierten Künstler posten, ich möchte sehen, welche Neuigkeiten es gibt. Ich möchte sehen, was meinen Freundeskreis bewegt und was meine Freunde ihren Kreisen mitteilen wollen. Ich schätze die Vorteile eines Social Network, die ich genau in diesen Funktionen sehe. Mit der limitierten Zeit, die ein jeder von uns hat, ist es ein wunderbares Tool um in kurzer Zeit auf den aktuellen Stand zu kommen. Wenn mir diese Informationen jedoch vorgehalten werden, weil die Interaktion für den Algorithmus zu lange her ist, läuft es in die falsche Richtung. Ich werde von der Kommunikation ausgeschlossen.
Sehr nervig wird es, wenn mir andere Seiten dafür ständig im Feed angezeigt werden, weil die Interaktion mit dieser für einen kurzen Zeitraum sehr hoch war. Vielleicht wegen eines besonderen Ereignisses, mich der Inhalt der Seite aber sonst gar nicht anspricht.
BigFail für BigData
Gar nicht mehr lustig ist es jedoch, wenn der Algorithmus mir etwas zuschreibt, das nicht meinem Willen entspricht.
Über die Verknüpfung verschiedener Datenbanken hat dieser erfasst, dass ich auch zum Islamischen Staat recherchiert habe. So wie – Aufgrund der Ereignisse in Paris – es sicher sehr viele Personen in den letzten Tagen gemacht haben. Dass hier der Algorithmus am falschen Ende greift und mir ein nahes Interesse am Islamischen Staat, (kurz IS, oder auch Daesh) nachweist ist zwar faktisch korrekt, die Motivation wurde jedoch dabei komplett außer acht gelassen. Wie die Seite mimikama berichtet, scheinen einige Personen plötzlich unfreiwillig Fans einer automatisch erstellten Seite (vermutlich aus einer Wikidatenbank) zum islamischen Staat geworden zu sein. Betroffen sind auch viele Journalisten, die im Rahmen ihrer Arbeit auch genug zum IS in den gängigen Suchmaschinen recherchiert haben. Durch den Hinweis einer Freundin kam ich selbst erst drauf, dass auch ich für andere Personen als “Freunde, denen der Islamische Staat gefällt” angezeigt werde. Die Seite selbst habe ich allerdings niemals geliked. Eine kurze Recherche bestätigt das. Facebook zeigt mir nicht einmal an, dass ihr Algorithmus annimmt, dass mir der Inhalt gefallen würde. Empfiehlt dies aber meinen Freunden und Bekannten. Ein Skandal, bei dem das Unternehmen eindeutig zu weit geht.
Facebook zeigt also meinen Freunden vermeintliche Interessen von mir an, die ich niemals so bestätigt habe. Facebook weiß nicht, warum jemand danach gesucht hat und sich Informationen dazu durchgelesen habt. Die Motivation ist einfach nicht ersichtlich.
Ich habe für meinen Fall zum Glück Freunde, die hier gezielt bei mir nachfragen. Es ist aber Vorstellbar, dass diese Methode ein völlig falsches Bild von einer Person abliefern kann. Das sorgt für Konflikte und Missinformation. Freunde, Familienmitglieder, Vorgesetzte oder andere Personen können so ein falsches Bild von jemandem bekommen, was sich sehr zum Nachteil für diese auswirken kann. Es diskreditiert die Person, ohne dass diese je Schuld dafür hat.
Für das, was ich bewusst ins Internet schreibe, bin ich selbst verantwortlich. Aber ein Unternehmen wie Facebook darf mir sprichwörtlich keine Wörter in den Mund legen, die ich nie gesagt habe. Also darf es mir keine Interessen unterstellen, die nicht zutreffen oder dessen Motivation nicht nachvollziehbar sind.
Beitragsbild: © F. Gopp / pixelio.de